Gas, Strom und Kraftstoff unterliegen im Jahr 2022 bereits einem massiven Preisanstieg. In Deutschland wird wegen möglichen  Gaslieferstopps sogar über eine Gasnotlage diskutiert. So wird dieses Jahr der Energiekostenanstieg massiv zu Buche schlagen. Die Nutzung der Räume für gemeinsame Chor- und Orchesterproben sowie Auftritte werden auf kurze oder lange Sicht auch von den Energiesparmaßnahmen betroffen sein.

Musizieren ohne elektrische Instrumente oder Verstärkung ist zunächst eine energiearme Freizeitbeschäftigung. Aber wie groß ist der Energieverbrauch eigentlich beim gemeinsamen Musizieren in der Freizeit? Es lohnt sich, genau aufzuschlüsseln, welcher Verbrauch verursacht wird, um die Einsparmöglichkeiten zu definieren. Ein weiterer positiver Effekt ist: Jede Energiesparmaßnahme spart auch Geld und ist gut für die Umwelt. Bei der Einsparung von Energie steht die Heizenergie an erster Stelle. Sie macht über zwei Drittel des durchschnittlichen häuslichen Energieverbrauchs aus. Bereits kontrolliertes, der Situation angepasstes Lüften, kann einen Beitrag zum Energiesparen leisten. Bauliche Maßnahmen wie gute Dämmung, eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung und
eine effiziente Raumbelegung von Probenräumen sind weitere sinnvolle Maßnahmen.

Wie warm sollte ein Raum sein, in dem musikalisch geprobt wird?

Beim Musizieren und Singen soll die Freude nicht durch zu niedrige Temperaturen getrübt werden. Das Bundesumweltamt empfiehlt eine Raumtemperatur in Wohnungen (Wohnräumen) von 20 °C. Jedes Grad weniger entspricht einem deutlich geringeren Energieverbrauch. Öffentliche Gebäude sollen deshalb nur noch auf 19 °C aufgeheizt werden. Für Kirchen ist dies ein lang diskutiertes Thema, da die Heizkosten eines Kirchensaals schnell mehrere zehntausend Euro pro Jahr betragen – auch ohne Energiekrise. Das zeigt eine kirchliche Verordnung der ev. Kirche von Hessen und Nassau von 1979, die das Heizen in Kirchen auf 8–15 °C reguliert. Viele Kirchen werden dieses Jahr vermutlich gar nicht geheizt. Für das Spielen von Musikinstrumenten sind 19 °C vertretbar. Es können deutlich größere Schwierigkeiten auftreten bei hoher oder zu niedriger Luftfeuchtigkeit, optimal sind 45–60 %. Das Spielen von Blasinstrumenten wird
schwieriger, je tiefer die Temperatur wird, da mehr Wasser im Instrument kondensiert. Holzblasinstrumente können im Extremfall bei falscher Lagerung in zu trockener Luft sogar reißen, sodass Heizungsluft im schlimmsten Fall das Holz zu sehr austrocknet. Während Blechblasensembles auf dem Weihnachtsmarkt
bei Minusgraden noch spielen können, ist es z. B. für die Oboe oder die Piccoloflöte temperaturabhängig schon lange nicht mehr möglich. Mit kalten Fingern ist die Feinmotorik eventuell nicht mehr ausreichend für ein schnelles, virtuoses Stück. Ob und unter welchen Bedingungen bei welcher Temperatur wie und auch was musiziert werden kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Welcher Raum eignet sich am besten für Proben in der kalten Jahreszeit?

Möglicherweise wird im Herbst oder Winter – wie zu Beginn der Corona-Pandemie – wieder die Suche nach einem geeigneteren Probenraum beginnen, wenn einige Räume aufgrund von Energiesparmaßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen könnten. Folgende Kriterien können bei der Wahl des Raumes entscheidend sein:

  • Ist der Raum gut gedämmt? Hier geht es nicht nur um die Dämmung der Wände. Wärmeverlust entsteht vor allem durch Zug, der durch undichte Fenster und Türen entsteht.
  • Ist der Raum gut ausgelastet? Je mehr ein Raum genutzt wird, umso mehr lohnt es sich, diesen zu beheizen. Die Kosten verteilen sich dann auf viele Personen und Gruppen.
  • Der Vorteil einer hohen Auslastung gilt auch bei Konzerträumen, z. B. Kirchen, die nur für Konzerte geheizt werden. Für ein gemeinsames Weihnachtskonzert oder ein kleines musikalisches Festival mit befreundeten Ensembles muss der Konzertraum nur einmal statt mehrmals
    geheizt werden. Ein gemeinsames Programm bedeutet zwar etwas mehr Koordinationsarbeit, kann aber öffentlichkeitswirksamer sein und fördert die Gemeinschaft verschiedener Musikgruppen.
  • Kleine Räume sind schneller aufgeheizt und benötigen weniger Heizenergie. Je mehr Personen im Raum sind, desto wärmer wird es.
  • Ist eine Lüftungsanlage eingebaut? Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist ein effektives System, um Heizenergie zu sparen.
  • Ist die Heizung richtig eingestellt? Ist Luft in den Heizkörpern? Wenn es nicht richtig warm wird, muss hier wahrscheinlich nachjustiert werden.
  • Womit wird geheizt? Auch die Heizung kann mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das sorgt für weniger CO2-Belastung.
  • Gibt es eine Nachtabsenkung oder wird die Heizung nachts komplett ausgeschaltet? Ob eine Nachtabsenkung sinnvoll ist, lässt sich nur für jeden Raum individuell klären. Hier sind Faktoren wie Dämmung, Heizmethode und Auslastung entscheidend. Ein Ensemble kann auch hier auf die Problematik hinweisen und anregen, Sachverständige ermitteln zu lassen.

Heizenergie sparen vs. Corona-Schutzmaßnahmen

Ist Energiesparen mit Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vereinbar? Zur Verminderung des Infektionsrisikos werden große Räume mit hohen Decken bevorzugt. Ein Abstand zwischen Personen von ca. 1,5 m wird empfohlen. Die Empfehlung, regelmäßig zu lüften, insbesondere bei wechselnder Raumbelegung, widerspricht zunächst den Energiesparmaßnahmen. Bei näherer Betrachtung schließen die Corona-Schutzmaßnahmen das Sparen von Heizenergie nicht aus. Bereits eine CO2-Ampel weist auf die Notwendigkeit zum Lüften hin, indem sie die Luftqualität anzeigt und damit indirekt auf die Virenlast schließen lässt. Auch das Lüften zwischen zwei Personengruppen kann dadurch besser kontrolliert werden und muss nicht auf lange Zeitspannen ausgedehnt werden. Schließlich minimiert man das Risiko einer Infektion durch tagesaktuelle Testungen aller anwesenden Personen. Durch ein gutes Hygienekonzept, das auch umgesetzt wird, lässt sich weiterhin die Verbreitung des Corona-Virus und anderer Krankheiten reduzieren und steht nicht im Widerspruch zu den Einsparungen der Heizenergie. Die beste Lösung ist eine wirksame Gebäudedämmung in Kombination mit einer modernen Heizmethode – idealerweise mit Wärmerückgewinnung. So kann das Infektionsrisiko minimiert und gleichzeitig Heizenergie eingespart werden.

Saskia Meißner