Der BDB läuft auf Hochtouren: Während auf der Baustelle für die neue Akademie die Betonmischer rund laufen, wird am alten Standort mit gleichem Hochdruck das Bildungsprogramm 2022 entwickelt. Die Hoffnung, dass das Kursprogramm dieses Mal nicht für den Papierkorb produziert wird, ist bei Akademieleiter Christoph Karle groß. Nicht nur dank der 3G und 2G-Regelung gibt es Planungssicherheit für den Akademiebetrieb. Wie auch die BDB-Online-Akademie dafür sorgt, dass die Bildung nicht mehr zum Opfer der Pandemie wird, das erklärt Christoph Karle im Interview.

Die Corona-Pandemie hat sowohl 2020 als auch im laufenden Jahr zu monatelangen Schließungen der Akademie und zum Ausfall zahlreicher Kurse geführt. Hat die Bildungsarbeit des BDB durch die Pandemie insgesamt einen Dämpfer erhalten?

Natürlich mussten wir durch die pandemiebedingte Schließung der Akademie große wirtschaftliche

Einbußen hinnehmen. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn die Akademie, in der sich im Regelfall

tausende Musiker*innen pro Jahr fortbilden, in leerer Hülle einsam und verlassen dasteht. Gleichzeitig haben wir uns jedoch immer bemüht, Ersatztermine zu finden und Bildung weiterhin möglich zu machen, etwa über Online-Module wie im C3-Dirigentenlehrgang oder im Mentorenwesen bzw. bei Metafoor. Dabei haben wir festgestellt, dass dies trotz ursprünglicher Bedenken in vielen Fällen sehr gut möglich ist und dass es Inhalte gibt, die sich sehr gut für Online-Formate eignen. Und das gilt nicht nur für einzelne Inhalte wie im Rahmen der C-Schiene, sondern für ganze Kursangebote wie z. B. Rechts- und Finanzthemen oder auch die ComMusic-Schulung. Warum sollen beispielsweise für ein Thema, das ohnehin im Digitalen angesiedelt und geradezu für Online-Unterricht prädestiniert ist,

Dozenten und Teilnehmende in der Summe Hunderte von Kilometer zurücklegen für ein Wochenend- oder Tagesseminar in der Akademie? Das ist nicht nachhaltig und nicht in jedem Fall zeitgemäß. Viel sinnvoller ist es doch, dieses Thema, das ja so viele Verantwortliche in den Vereinen betrifft, im regelmäßigen Turnus in der BDB-Online-Akademie anzubieten. So erreichen wir mit Sicherheit viel mehr Menschen. Von einem Dämpfer für die Bildungsarbeit kann also nur bedingt die Rede sein. Im Gegenteil: Mit der Etablierung der BDB-Online-Akademie hat die BDB-Musikakademie eine zweite Säule bekommen, die den Bildungsbereich stärkt und uns positiv in die Zukunft gehen lässt.

Haben Sie keine Sorge, dass die Online-Akademie der Präsenz-Akademie Konkurrenz macht?

Diese Angst halte ich für völlig unbegründet. Ich bin sicher, das Gegenteil wird der Fall sein. Bisher

hatten die Menschen doch nur zwei Optionen zur Auswahl: nämlich unsere Kurse in der Akademie zu besuchen oder eben zu Hause zu bleiben. Mit der BDB-Online-Akademie haben sie nun eine dritte Option: die Möglichkeit zu Hause UND dabei zu sein. Das ist ein entscheidender Unterschied und ein deutlicher Mehrwert. Außerdem bin ich der festen Überzeugung, dass die Online-Formate das Präsenzangebot befruchten werden. Hier können die Teilnehmenden der Online-Akademie niederschwellig die Dozenten und Formate kennenlernen, ihre Hemmungen verlieren und Lust auf die Präsenzveranstaltung bekommen. Zwar fehlen uns an diesem Punkt noch die konkreten Erfahrungswerte, weil der Akademiebetrieb gerade erst wieder angelaufen ist. Das Feedback der Teilnehmenden der Online-Akademie lässt diesen Schluss aber schon jetzt zu. Insofern ist die BDB-Online-Akademie für mich heute schon nicht mehr wegzudenken. Mehr noch: Mit ihr beginnt eine neue Ära der BDB-Akademie.

Welche Möglichkeiten eröffnen sich der BDB-Akademie mit der Online-Thematik in Zukunft?

Angesichts der Tatsache, dass die BDB-Online-Akademie noch ein kleines Pflänzchen ist, mag es für den einen oder anderen vermessen klingen, von einer neuen Ära zu sprechen. Aber dieses kleine Pflänzchen hat schon kräftige Wurzeln und wir werden es – Ast für Ast – weiterentwickeln. Denn es besitzt großes Potenzial in seiner genetischen Veranlagung. Nehmen wir das Format trainee4music, das im September im Bereich Trompete mit Frieder Reich in der BDB-Online-Akademie an den Start gegangen ist. Ein solches Trainingsprogramm für Trompeter auf verschiedenen Levels in Präsenz anzubieten, hätte absolut keinen Sinn gemacht. Online hingegen schon, weil die Hürden nicht hoch sind: Die Trompeter melden sich an, loggen sich ein und lassen sich von Frieder Reich durch das Trainingsprogramm führen. Er erklärt und spielt vor, die Teilnehmer spielen nach und lernen, worauf sie beim täglichen Üben achten müssen. Dieses tägliche Üben, aktiv begleitet von einem Coach, ist im Bereich Trompete essenziell. Schließlich kann ein Trompeter nur abrufen, was er trainiert hat. Im Moment sammeln wir hier Erfahrungswerte, um das Angebot auf andere Instrumente auszuweiten. Ohnehin möchten wir gerade im Bereich der Neu- und Wiedereinsteiger das Angebot ausbauen. Für Saxophon machen wir das unter dem Motto sax4beginners seit Jahren sehr erfolgreich in der Region rund um Staufen. Verlagert in den Online-Bereich und ausgedehnt auf alle Instrumente bietet music4beginners aber die Chance, dass alle Vereine stärker davon profitieren.

Wie das?

Indem wir ein Netzwerk schaffen für erwachsene Neu- oder Wiedereinsteiger. Ihnen bieten wir nämlich über die BDB-Online-Akademie und das Format music4beginners nicht nur die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten auf dem Instrument auf- und auszubauen, sondern sorgen über die Verbände gleichzeitig für die Anbindung an einen Verein. Umgekehrt können die Vereine willige Neu- und Wiedereinsteiger zur Einführung in das Themenfeld an uns verweisen, bis sie danach an die Instrumentallehrkräfte sowie das Ausbildungsorchester vor Ort bei den Musikvereinen vermittelt werden.

Ist ein ähnliches Online-Ausbildungswesen auch für den überfachlichen Bereich denkbar?

Absolut! Das Management im Ehrenamt benötigt dringend vielfältige Bildungsangebote. Die Menschen, die sich im Ehrenamt zur Verfügung stellen, müssen wir z. B. in den Bereichen Personalführung, Finanzen und Marketing strukturiert ausbilden, damit sie Sicherheit gewinnen und ein Fundament besitzen. Wir sind uns dieser Notwendigkeit nicht nur bewusst, sondern sind aktuell schon dabei, auf Landesebene, im Auftrag des Landesmusikverbands, gemeinsam in Zusammenarbeit mit der PH Ludwigsburg (Dr. Petra Schneidewind) sowie der Musikakademie in Plochingen (Heiko Schulze) ein Aus- und Fortbildungsprogramm für das Management im Ehrenamt zu entwickeln. Und ich verspreche nicht zu viel, wenn ich sage, dass es ein einzigartiges Ausbildungskonzept werden wird.

Dann nimmt augenblicklich nicht nur der BDB-Neubau Gestalt an?

Nein. Die BDB-Akademie entwickelt derzeit viele Konzepte, gestaltet Programm und generiert neue Ideen, um ihrem Bildungsauftrag gerecht zu werden und die Vereine bestmöglich zu unterstützen. Und dabei wird die BDB-Online-Akademie eine sehr wichtige Rolle spielen.